Erich Félix Mautner
ERICH FéLIX MAUTNER
Artist Agency, Event Management, Model Agency, Public Relations
Webcam (under construction)

SELBST SICHER (Seite 3)


Bist du’s, wachendes Glück?

Was auf den ersten Blick so operettenhaft aussieht, nämlich wenn völlig unqualifizierte Leute als Privatsheriffs auf die Bevölkerung losgelassen werden, kann in der Praxis ganz schön lebensgefährlich und illegal werden. Selbst ohne Anwendung von Waffengewalt. Vor dem wiener Musiklokal Flex hat ein privater Wachposten eine Studentin gefilzt (was schon verboten ist) und ihr ein dringend benötigtes Medikament abgenommen (was noch verbotener ist). Dass sie Ausweise und Rezept vorzeigen konnte nützte ihr nichts, die Medizin wurde nicht mehr herausgeben. In der Nähe des Lokales fand die Verzweifelte zum Glück einen echten Polizisten, der die junge Frau zum Lokal zurück begleitete. „Wie die gesehen haben, dass ein Polizist draußen steht, hat der gerade anwesende Chef vom Tag zähneknirschend eine Schachtel mit allen möglichen Drogen [!!!] hervorgeholt und mir meine Tabletten herausgesucht“. Wofür sich wieder die Polizei interessiert hat. Dazu die wiener Polizei-Juristin Michaela Schula: „Türsteher haben sicher kein Recht, echte oder vermeintliche Drogen zu beschlagnahmen oder gar zu horten“!

Gallensteins Lager

Die „European Homecare Gesellschaft mit beschränkter Haftung“, ein Familienunternehmen von Rolf-Dieter und Sascha Dominique Korte aus der romantischen Ruhrpott-Metropole Essen, das sich 2003 mit einer Tochterfirma, der „Rolf-Dieter Korte GmbH“ in Traiskirchen niedergelassen hat, war der Billigstbieter für die Bewachung des Flüchtlingsheimes in Traiskirchen. Lydia Krob vom Integrationshaus: „Die Arbeit ist unprofessionell“. Ihr Auftreten im Flüchtlingslager markiert bislang den Tiefstpunkt der Privatisierung staatlicher Sicherheitsaufgaben in Österreich.

Künftig sollen private Wachposten auch durch jene Parkanlagen Wiens schleichen, die im Staatseigentum sind, also etwa Burg- und Volksgarten, Maria-Theresien- und Heldenplatz, um Menschen, die zum Beispiel im Rasen rasten wollen oder gar spielende Kleinkinder, zur Raison zu bringen. Und anzeigen. Die Grüne Maria Vassilakou schüttelt darob den Kopf, regelmäßig die Rasenflächen zu erneuern, sei günstiger, als Security-Dienste zu beschäftigen – und darüber hinaus bürgerfreundlicher. Eine Meinung, die völlig überraschend, ihre rote Kollegin Ulli Sima teilt: In den städtischen Gärten ist das Liegeverbot aufgehoben.

Ein paar Tage nach dieser skurrilen Diskussion kam’s heraus, warum die rote Stadtverwaltung so gnädig mit ihren ruhebedürftigen Untertanen umgeht: Doppelt gemoppelt schien ihr, die ja wieder gewählt werden will, zu dick aufgetragen. Am 26. Juni wurde nämlich verkündet, dass nun eine Magistrats-Müllpolizei, die „Waste Watcher“, weggeworfene Papierln und Hundstrümmerln ahnden soll. Es soll in der MA 48 künftig eine Gruppe geben, die wie die Park Sheriffs agieren, allerdings inklusive Ausweiskontrolle und Bestrafung bis zu 1000 Euro, – wie immer das gehen soll. Denn Uli Sima sorgt sich: „Die Moral der Menschen ist im Sinken“! 

Wenn die Frau Stadtrat eine Entscheidungshilfe sucht, ob es sich bei ihrer neuen Bürgermeister-Sheriff-Idee um Sinn oder Unsinn handelt, braucht sie ja bloß zu hören, aus welcher Richtung der Applaus kommt! Das Lob von Andreas Unterberger, der das offizielle Medium des Staates, die Wiener Zeitung, für seine Rechts-Fantasien missbraucht und für dessen Absetzung als Chefredakteur sich viele honorige Köpfe einsetzen, sollte ihr zu denken geben: „Warum gründet Wien nicht gleich eine Stadtwache, welche all die vielen kleinen Sünder verfolgt, um die sich die Verbrecher jagende Polizei zu Recht nicht kümmert? Etwa: Parksünder beiderlei Art (beim Parken und in den Parks); Lärmsünder; Autofahrer, die Kreuzungen blockieren; Hunde ohne Leine; oder Radfahrer ohne Licht auf dem Gehsteig.“ Man könnte noch hinzufügen: Chefredakteure, in deren Zeitung Holocaust-Leugner publizieren. Abgesehen von dem interessante Vorschlag, die armen „Hunde ohne Leine“ disziplinieren zu wollen!

ÖVP und FPÖ in Wien sehen das, no na, ähnlich. VP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm will bis zu 1000 Uniformierte mehr paraexekutive Stadtpolizei in der Bundeshauptstadt sehen. Rathauswache und Parkwächter sollten zu einer Stadtpolizei zusammengefasst werden und „mit Knüppel und Pfefferspray“ gegen alte Frauen, die ihre Dackel an Bäume pinkeln lassen, „Hundstrümmerlsünder und Parkanlagenverschmutzer vorgehen“. „Derart ausgerüstet könnte die „Stadtpolizei“ auch Falschparker und U-Bahn-Gänge überwachen“ (Der Standard).

Oder man setzt diese Nachtwächter, anderes sind sie ja nicht, gegen Anti-Blau-Schwarz-Demonstranten ein. Schon passiert: So engagierte etwa die Wiener Burghauptmannschaft bei der Räumung der regierungsfeindlichen „Botschaft der besorgten BürgerInnen“ am Heldenplatz einen privaten Trupp.

Nach drei Überfällen auf Briefträger werden solche bei ihren Zustell-Gängen von fadisiert wirkenden Burschen begleitet, in denen man Zustellerlehrlinge vermuten könnte. Das sind Security-Leute aus dem posteigenen Job-Center, zusätzlich wurden aber auch 50 Mann eines privaten Sicherheitsdienstes engagiert.

Seit 2004 wird die Badner Bahn bisweilen von Privatsheriffs überwacht. In allen elf AMS-Filialen werden AMS-Bedienstete durch Security-Personal vor aufgebrachten Arbeitsuchenden geschützt, in Margareten sogar mit Waffengewalt, was aber „irrtümlich“ geschehen sein soll, wie man hört. Irren ist halt menschlich.

Und das haben wir in Österreich noch vor uns: In den USA, wo es seit den 80ern sogar den privaten Strafvollzug, also Gefängnisse und was dazu gehört, sitzt fast jeder zehnte Häftling bereits in einem Privat-Bau. Derzeit sind in den USA 2,3 Mio. Menschen eingesperrt, Tendenz steigend. Die „Corrections Corporation of America“ ist mit 70.000 Insassen in 64 Grauen Häusern Marktführer. In Australien sind bereits mehr als 17, in Großbritannien zehn Prozent der Haftanstalten in privater Hand. In Japan gibt es seit Mai einen Privat-Häfen. In Lateinamerika teilen sich Private, Gemeinnützige und Konfessionelle die Lizenz zum Einsperr’n.

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