Erich Félix Mautner
ERICH FéLIX MAUTNER
Artist Agency, Event Management, Model Agency, Public Relations
Webcam (under construction)

SELBST SICHER

Darf oder muss man eigentlich selbst für seine Sicherheit sorgen? Was erlaubt das Hausrecht? Wer bestimmt, was Ordnung ist und wer sorgt wie für diese? Wer hat die Bürgerwehr gerufen? Ein Überblick.

Irgendwann ist das auch Ihnen schon passiert, dass sich einer in einer Operettenuniform vor Ihnen aufbaut und Sie zurecht weist. Oder zu unrecht. Oder er kommt als Cobra-Polizist verkleidet oder zumindest mit den Buchstaben „SECURITY“ am Rücken. Für Leute, die viel ausgehen – aber auch für Menschen, die den öffentlichen Raum brauchen, weil sie z.B. durch ihre desolaten Wohnverhältnisse auf diesen angewiesen sind – gehören Privatsheriffs zum gewohnten Umgang. Seit einigen Jahren wird der Arbeitsmarkt durch diese Aufpasser-Branche dynamisch erweitert, sprießen die Security-Anbieter aus dem Bodensatz, wo sich Kahlgeschorene und Anabolika-Junkies tummeln, die ganz gefährliche Handys im Halfter tragen und pflichtversessen in Dc Martens schwitzen. Und gehen ebenso viele wieder dorthin ein. Oder ist diese Betrachtungsweise des Sicherheitsgewerbes zu einseitig-negativ? Hier der Versuch eines ersten kurzen Überblickes.

Dass Private für Sicherheit sorgen, ist besonders im Gastgewerbe nicht wirklich neu. Wir kennen sie alle, die Türsteher vor den Discotheken, die Reinschmeißer und Rausschmeißer vor den Hamburger Nachtlokalen, die Metall-Detektoren, die die Damenhandtaschen in den Londoner Theatern scannen, die baumlangen Uniformierten in den Kaufhäusern der internationalen Metropolen, die Nacht- und Parkplatzwächter. Checks, die an Flughäfen und vor den Gerichten von Wach- und Schließgesellschaften vorgenommen werden, sind längst üblich. In Salzburg werden die Kurzparkzonen schon seit Jahren von Firmen kontrolliert, wie mittlerweile im Großteil des Bundesgebietes. Der 11. September hat hier neue Bedürfnisse und Sensibilitäten geschaffen. Auch die 150 Wiener „Parksheriffs“ sind, trotz schmucker Uniform, keine Exekutivorgane, sondern Magistratsbedienstete. Wachposten, die hinter Kronenzeitungs-Selbstbedienungs-Plastiksackerln lauerten, sind noch schlecht in Erinnerung. Und auch die so genannte „Rathauswacht“, jene Uniformierten, die das Wiener Rathaus und den Bürgermeister beschützen, sehen zwar aus wie Polizisten, sind aber keine Exekutiv-Organe, sondern schlicht Feuerwehrleute (Bürgermeister-Polizei gibt es allerdings wirklich. In 357 österreichischen Gemeinden gibt es noch „Stadtpolizei“, die nicht der Bundespolizeidirektion unterstellt ist, sondern den Bürgermeistern).

Nicht immer gelingen ...

... diese Privatinitiativen. Der Versuch, in den Sechzigern, „Hells Angels“ bei einem Stones-Konzert als Ordner einzusetzen, endete kläglich, wobei ein Jugendlicher vor laufenden Filmkameras ermordet wurde. Das tödliche Versagen der Securities bei einem Innsbrucker Groß-Event und bei einem Clubbing in der Wiener Universität ist in trauriger Erinnerung. Ex-Innenminister Strasser bezeichnet auch die Radarüberwachung mancher Gemeinden durch Private als Negativbeispiel. Die privaten Hundeführer, die 1995 den Wiener Rudolfsplatz und dessen Bewohner, Gäste und Nachtleben schützen sollten, wurden bald wieder abbestellt, „Die Wiener Polizei hat“ laut  Präsidialchef Leo Laubner mit Privatsheriffs nach Grazer Art bisher „nur negative Erfahrungen“ gemacht.

Die so genannte Grazer „Bürgerwehr“ stellt insoferne einen Sonderfall dar, als diese Wachposten nicht von Betroffenen, etwa einem Eventveranstalter, aufgestellt wurden, sondern von einer politischen Partei, der FPÖ, ohne einen Auftrag der Betroffenen, gegen, ja gegen wen wohl?. Sie erinnern den damaligen Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger nicht ganz zufällig an uniformierte Partei-Organisationen der Zwischen- und Kriegszeit („Heimwehr“ der Christlichsozialen, „Republikanischer Schutzbund“ der Sozialdemokraten und die SA, „Sturmabteilung“, ursprünglich aus Angehörigen von Bürgerwehrverbänden gebildet, später paramilitärisch, aus ihr ging die SS hervor).

Außerdem überlegen es sich vernünftige Gastronomen und Event-Veranstalter, ob weithin sichtbare Wachposten und Gesichtskontrollore vor einem Lokal, seriöse Gäste nicht eher abschrecken. 

Mittlerweile hat der Innenminister aus der schwarz-blauen ÖVP-Alleinregierung, Ernst Strasser, scheint’s seine Meinung über private Aufpasser geändert, werkt er doch nun selbst im Aufsichtsrat der Group 4.

Wer darf? Wer muss?

Gaststätten und Veranstalter sind verpflichtet, in ihren Räumlichkeiten für „Ruhe ...“ (was ist Ruhe in einer Disco?) „... und Ordnung“ zu sorgen und dafür, dass die Vielfalt der gesetzlichen Reglementierungen eingehalten wird. Dieser Verpflichtung müssen sie mit angemessenen, sanften Methoden nachkommen, was auch das Komasaufen betreffen sollte. Sie dürfen sich von Hilfskräften unterstützen lassen, die aber keine Gewalt-Privilegien besitzen, oder die Exekutive zur Hilfe rufen. Große und kleine Events, Discotheken, Nachtclubs, sie alle organisieren sich die Ordnung selbst, weil die Exekutive personell dazu nicht in der Lage wäre und weil eigentlich Uniformen und offen getragene Waffen wenig zur positiven Stimmung beitragen. Die gewohnten Securities sind eher Gleiche unter Gleichen, sie schüren weniger Aggression und werden als Notwendigkeit akzeptiert. Dass dies vielfach Polizisten in ihrer Freizeit sind ist ein Kuriosum am Rande.

Tatsächlich basiert das Österreichische Rechtssystem auf den Säulen der Gewaltentrennung: Hier das Staatsvolk, dort die Legislative, die die Gesetze macht, da die Exekutive, die sie überwacht und da die Gerichtsbarkeit, die sie judiziert. Ein Organ der angeblich „Vierten Gewalt“, der medialen Kontrolle, halten Sie soeben in Händen. Sie agieren voneinander unabhängig, keiner darf in die Kompetenzen des anderen hineinpatzen! Die Regierungsvorlage zum Zivilluftfahrzeug-Sicherheitsgesetz definiert noch unmissverständlich: „Das staatliche Gewaltmonopol erfüllt eine wichtige friedenserhaltende Funktion; deshalb kommt eine Verlagerung von Exekutivgewalt von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu minder qualifizierten Bediensteten nicht in Frage“. Univ.-Prof. Dr. Josef Demmelbauer resümiert in den Salzburger Nachrichten: „Einig ist man sich darüber, dass bei privaten Großveranstaltungen die Polizei auf die Mithilfe privater Sicherheits- und Ordnungskräfte nicht verzichten kann, einig ist man aber auch darüber, dass die möglichst effektive Wahrnehmung der Staatsaufgabe „Innere Sicherheit“ nach wie vor zugleich ein zentraler Legitimationsgrund für die Existenz des Staates überhaupt ist und dass selbst in privat überwachten Bereichen die Polizei präsent bleiben muss“. 

Der Schießmuskel

Wer darf also, außer Polizei, Bundesheer, Justiz- und Zollwache was bewachen, wen festnehmen, einsperren, kassieren und erschießen?

Ein paar Bereiche sind klar definiert, in anderen herrscht Unsicherheit. Zunächst sind private Überwachungsorgane auf traditionelle Bereiche, insbesonders Jagd- und Forstaufsicht, beschränkt. Der Verfassungsgerichtshof gibt zu, dass die sicherheitspolizeiliche Überwachung von Veranstaltungen Privaten übertragen werden kann, so wie die Sicherheitskontrolle auf den Flughäfen bereits seit Jahren von privaten Unternehmen besorgt wird, das Zivilluftfahrzeug-Sicherheitsgesetz ermöglicht die Übertragung der Sicherheitskontrolle auf Unternehmen. Seit 1998 gibt es private KFZ-Zulassungsstellen, die ihre Tätigkeit wie eine Behörde auf Dauer erfüllen können. Im Waffengesetz 1996 wurden Waffenhändler zu einer Art Waffenmeldebehörde. Als Reaktion auf den Richtermord im Bezirksgericht Urfahr wurden die Sicherheitskontrollen in Gerichtsgebäuden auf private Sicherheitsunternehmen übertragen, deren Organe zur Ausübung von Zwangsgewalt bis hin zu lebensgefährlichem Waffengebrauch ermächtigt sind. Aufgrund des Austro-Control-Gesetzes werden ebenfalls Hoheitsaufgaben von der nun privaten Austro Control wahrgenommen.

Überall sonst müssen sich Privat-Sheriffs darauf beschränken, böse zu schauen, einen Hund mit Beißkorb an der Leine zu führen, ein Funkgerät oder ein Mobiltelefon zu verwenden, zu fotografieren oder zu filmen, jemandem nachzugehen, KFZ-Kennzeichen zu notieren. Und sie tragen Baseball-Kappen, weil die so deutlich mit Baseball-Schlägern assoziiert werden. Im Ernstfall, bei Notwehr oder als Nothilfe, wenn jemand bedroht wird etwa, können sie auch eingreifen oder jemanden (bei Beobachtung einer strafbaren Handlung) anhalten. Die gesetzliche Grundlage, auf der private Wachorgane tätig sein dürfen, sagt, „Wenn es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass eine Person eine strafbare Handlung begangen hat oder begehen wird, so ist jedermann berechtigt, diese Person auf angemessene Weise anzuhalten.“ Das betrifft also jeden Staatsbürger, nicht nur Nachtwächter. Personen, die den Amtseid auf die Republik geschworen haben, stehen da unter mehr Stress. Die Anhaltung muss sofort dem nächsten Sicherheitsorgan gemeldet werden. Private Ordner haben in der Öffentlichkeit kein Recht auf Ausweiskontrolle. Genauso wenig dürfen persönliche Dokumente als Pfand genommen werden. Sie dürfen oder müssen alles, was jede andere Privatperson auch darf oder soll, solange niemand ungebührlich belästigt, verletzt, übel nachgeredet oder verleumdet wird. Wird jemand festgehalten und es stellt sich heraus, dass dies ohne ausreichende Begründung geschehen ist, wäre das Freiheitsberaubung, wahrscheinlich aber auch Körperverletzung. Im Zweifel berät der kriminalpolizeiliche Beratungsdienst. Zivilrechtlich könnten dem „Reserve-Rambo“ (Ex-Minister Strasser) Schadenersatzansprüche auf die Base Ball-Kappe fallen.

Weiter zu Seite 2: Die 1000 Augen des Dr. Mabuse und „wie wehren?“