Erich Félix Mautner
ERICH FéLIX MAUTNER
Artist Agency, Event Management, Model Agency, Public Relations
Webcam (under construction)

KUNST KOMMT VON DÜRFEN 7

... und der Rest ist auch nicht erlaubt!

Ausgehend vom Verfassungsgrundsatz der Freiheit der Kunst geht Erich Félix Mautner der Frage nach, wie sehr Kunst und Künstler wirklich frei sind.

Wenngleich sich das Manifest der Kunstfreiheit territorial auf ganz Österreich bezieht sind doch nicht alle Österreicher mit dieser Freiheit gemeint. Kinder und Jugendliche, in jedem Bundesland anders definiert, sind ungleich weniger gleich. Für sie wird unter der Bezeichnung „Jugendschutz“ das Zensurverbot aus den Angeln gehoben. Minderjährige genießen das Recht freier Kunstausübung und des freien Kunstgenusses nicht.

Ein Mangel übrigens, den sie mit den Strafgefangenen gemeinsam haben. Das Strafvollzugsgesetz kennt zwischen den Paragraphen 59 und 65 viele Möglichkeiten,  Strafgefangene von der Teilnahme am Kunstgeschehen fernzuhalten, z.B. nach § 60 damit „keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder des erzieherischen Zwecks der Strafe zu befürchten ist“. Für Zeitschriften gilt, „mit der Abnahme gehen sie in das Eigentum des Bundes über“. Nach § 62 dürfen Häfenbrüder und -Schwestern dichten. „Ist auf Grund bestimmter Tatsachen ein Missbrauch zu befürchten, so kann der Anstaltsleiter oder ein von ihm damit besonders beauftragter Strafvollzugsbediensteter Einsicht in diese Aufzeichnungen nehmen; bestätigt sich dabei eine solche Befürchtung, so sind die Aufzeichnungen dem Strafgefangenen abzunehmen.“

Es gibt Bücher, Zeitschriften, Filme, Videos, Theaterstücke und Konzerte, andere Vorträge oder Ausstellungen, die von Kindern und Jugendlichen nicht erlebt werden dürfen. Das meiste wurde schon im Kapitel Pornographie zitiert. Dass dem nicht zuwidergehandelt wird, dafür werden die Veranstalter, Medienunternehmer und Händler verantwortlich gemacht, in zweiter Linie die Erziehungsberechtigten.

Zum Beispiel im BGBl.Nr. 194/1994, der Gewerbeordnung 1994, wo die Händler gezüchtigt werden: „Die Gemeinde kann das Feilbieten gemäß Abs. 1 für bestimmte Waren, allenfalls auf bestimmte Zeit und allenfalls für bestimmte Gemeindeteile mit Verordnung untersagen oder Beschränkungen unterwerfen, wenn die öffentliche Sicherheit, die Volksgesundheit 1), der Jugendschutz oder der Schutz der Bevölkerung vor übermäßigen Belästigungen eine solche Maßnahme erfordern.“

Das „Jugendverbot“ von Filmvorführungen, das heute kaum mehr traumatische Auswirkungen hat, kann doch jeder Film daheim per Fernsehen, Pay TV oder Videokassette angesehen werden, hat seine österreichischen Wurzeln in einer Verordnung des Statthalters des Erzherzogtums unter der Enns (des heutigen Niederösterreichs samt Wien). Dort hat ein österreichischer Gesetzgeber erstmals in der „Erlassung polizeilicher Verbote zur Anhaltung der
Verwahrlosung der Jugend“ den Jugendschutz für das Kino geregelt.

Heute regelt jedes  Bundesland diese Zensur selbständig. Der Bund kann nur mittels Empfehlungen seines Filmbeirates „mitregieren“. Als Kuriosum verbieten manche Jugendschutzvorschriften den Kinos, auf das „Jugendverbot“ eines Filmes eigens hinzuweisen, andere schreiben die Auszeichnung dezidiert vor. Junge nahe den Landesgrenzen haben es einfacher, wenn sie ins Kino gehen wollen, die habe seit jeher den „Kleinen Grenzverkehr des Kunstkonsums“ für sich in Anspruch genommen.

Ein genaues Eingehen auf die unterschiedlichen Beschränkungen für junge Kunst-Interessierte ist auf Grund der Fülle der unterschiedlichen Normen in diesem Rahmen nicht möglich. Daher sei eine, möglicherweise gar nicht vollständige, Gesetzes-Literatur-Liste angeschlossen 2)

Kunst aus dem Fernseher:

„Wenn im Restaurant der Fernsehapparat läuft, im Hotel-Foyer oder über Großmonitore in Schaufenstern oder Passagen, handelt es sich um öffentliche Fernsehvorführungen“, analysiert der Veranstaltungsrechts-Experte der Wiener Wirtschaftskammer, Mag. Dr. Klaus Christian Vögl. „Dafür gibt es, im Gegensatz zum Kino, keine Alterszulassungen. Hier gelten nur die Bestimmungen der Jugendschutzgesetze wie beim Kino, bei öffentlichen Videovorführungen oder beim Theaterbesuch. Ob das ganze auf Normal- oder Großbildschirm abläuft, ist jugendschutzrechtlich irrelevant und allenfalls vergnügungssteuerrechtlich von Bedeutung.“

Auch bei der Ausübung der Künste wird der Nachwuchs eingebremst. Das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987, BGBl. Nr. 599/1987, regelt die künstlerische Arbeit bis zum 18. Lebensjahr: „§ 6. (1) Der Landeshauptmann kann die Verwendung von Kindern bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und sonstigen Aufführungen sowie bei Foto-, Film-, Fernseh- und Tonaufnahmen bewilligen. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn
1. ein besonderes Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder des Unterrichts vorliegt oder es sich um Werbeaufnahmen handelt und 2. die Beschaffenheit und Eigenart der betreffenden Beschäftigung
es rechtfertigen. Die Verwendung von Kindern in Varietes, Kabaretts, Bars, Sexshops, Tanzlokalen, Diskotheken und ähnlichen Betrieben darf nicht bewilligt werden. (2) Der Landeshauptmann kann die Bezirksverwaltungsbehörden ermächtigen, die Bewilligung zur Verwendung von Kindern nach Abs. 1 zu erteilen ...“ Die Schule und das Arbeitsinspektorat haben ein Vetorecht. „Bei erwerbsmäßigen Aufführungen muss die körperliche Eignung des Kindes für die Beschäftigung amtsärztlich festgestellt sein. Im Falle der Beschäftigung bei Film- und Fernsehaufnahmen oder vergleichbaren Aufnahmen darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn das Gutachten eines Facharztes für Augenheilkunde bescheinigt, dass gegen eine solche Beschäftigung keine Bedenken bestehen.“ Das kluge Gesetz regelt noch die Pausen und dass der kindliche Spross vor 23 Uhr daheim sein müsste. „Die Verabreichung von geistigen Getränken und von Tabak an Kinder als Entgelt für ihre Arbeit ist untersagt.“

Für Schulaufführungen gibt’s diese Bedenken nicht.

In Wien dürfen Personen unter 18 nicht in Kinos tätig sein.

Für Jugendliche sind Beschäftigungsverbote nach dem BGBl. II Nr. 436/1998 vorgesehen, die allerdings von der Behörde relativiert werden können: „Die Beschäftigung Jugendlicher ist verboten: 1. in Sexshops, Sexkinos, Striptease-Lokalen, Table-Dance-Lokalen, Go-Go-Lokalen, Peep-Shows und Lokalen mit Peep-Shows; 2. bei der Herstellung, beim Vertrieb und bei der Vorführung
pornographischer Produkte, unabhängig vom verwendeten Medium
(Datenträger)“ und „Arbeiten beim gewerbsmäßigen Vertrieb und bei der Verteilung von Druckerzeugnissen auf der Straße und an öffentlichen
Orten“ und „Arbeiten mit wilden oder giftigen Tieren in Tierschauen; erlaubt nach 18 Monaten Ausbildung unter Aufsicht ist die
Betreuung solcher Tiere“ 

Apropos: Die meisten Menschen sind der Ansicht, dass die Arbeit mit Tieren im Dienste der Kunst immer Tierquälerei wäre. Auch aus diesem Grund gibt es Bestrebungen, die Rechte der Tiere ebenfalls in Verfassungsrang zu heben. Diesem Ansinnen erteilt der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien, Heinz Mayer, eine Abfuhr. „Es ist die Aufgabe der Rechtsordnung, menschliches Verhalten zu regeln, aber nicht Tiere als Rechtssubjekte einzusetzen. Wie soll man denn diese Tierrechte durchsetzen? Letztlich können ja wieder nur Menschen die Adressaten von Rechtsvorschriften sein. Ich glaube nicht, dass die rechtliche Gleichstellung von Mensch und Tier etwas ist, das man anstreben soll!“ Ein solches Grundrecht gibt es de facto in Österreich, seit es das „Protokoll über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere“ unterzeichnet hat: „Die Hohen Vertragsparteien -

in dem Wunsch sicherzustellen, dass der Tierschutz verbessert und das Wohlergehen der Tiere als fühlende Wesen

berücksichtigt wird -

sind über folgende Bestimmung Übereinkommen, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist: Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Gemeinschaft in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr, Binnenmarkt und Forschung tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und

die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf

religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.“

Obwohl sich niemand darum kümmert, wie dem Zauberer das Kaninchen in den  Zylinder kommt, wie die Pferde bei den Winnetou-Spielen sterben und im Heimatfilm wiehern, warum Löwen durch brennende Reifen springen oder wie lebende Vögel Papageno oder den Vogelhändler auf die Bühne begleiten, es ist wie der Jugendschutz Landeskompetenz.

Eine noch größere föderalistische Normen-Vielfalt kennen die Vorschriften für das Abhalten von Veranstaltungen. Nach diesen könnten Behörden und Politker jede missliebige Darbietung verbieten, da irgendeiner der vielen Paragraphen sicher zuständig ist. Am Beispiel der Straßenkunst lässt sich das Dilemma der Kulturpolitik recht anschaulich demonstrieren. Da wird in den Straßen fast alles verboten, überhaupt wenn es sich von Spenden erhalten soll. Sodann geben die Touristikverbände, Werbegemeinschaften und Kulturämter viel Geld dafür aus, damit Künstler kommen, das Straßenbild, besonders die Fußgängerzonen, zu beleben. Im Allgemeinen darf vermutet werden, dass es der Obrigkeit der Versuch viel Geld wert ist, zuerst so viel wie nur möglich zu verbieten, um danach über Subventionen den Kunstbetrieb gängeln zu wollen.

Für eine große Zahl von Veranstaltungs-Typen müssen (Länderweise unterschiedlich) Bewilligungen, in Wien sehr oft Konzessionen, eingeholt werden. Das Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 verlangt unerbittlich: „Einer Bewilligung der Landesregierung bedürfen
a) Zirkus-, Variete-, Kabarett-, Revue- und ähnliche Vorstellungen,
b) Theatervorstellungen mit Ausnahme jener, an denen nur Laienkräfte mitwirken, und c) alle im Umherziehen betriebenen Veranstaltungen.“  Oft werden Befähigungsnachweise verlangt. Es darf angenommen werden, dass nicht alle diese Vorschriften den Grundsätzen der Versammlungsfreiheit und Kunstfreiheit entsprechen.

Im Rahmen dieser Kurz-Serie ist es einfach nicht möglich, alle Verbote und Gebote im Veranstaltungsrecht aufzuzählen. Deshalb sei ein Verweis auf die sehr ordentlich recherchierten 187 Seiten des „Leitfaden für Veranstalter in Österreich: VERANSTALTUNGSRECHT“, Verlag Medien & Recht, von Dr. Klaus Christian Vögl, gemacht.

Ordnung muss sein:

Wenn die Verwaltung, Politiker oder Behörden, kein wirksames Gesetz gegen ein Kunstwerk oder gegen Künstler finden können, - dann bleibt ihnen immer noch der Vorwurf der Störung der öffentlichen Ordnung. Der wirkt immer, wenn alle anderen Stricke (im wahrsten Sinne des Wortes) zu reißen drohen! Aus der Monarchie ins 21. Jahrhundert gerettet, bewacht uns der Law and Order-Begriff jedenfalls in jedem Zusammenhang, nicht nur bei Anstandsverletzung oder der ungebührlichen Lärmerregung. Ein Hilferuf an die Europäische Menschenrechtskonvention (in Österreich im Verfassungsrang) wird nicht helfen, denn auch die lässt Einschränkungen aus diesem Titel zu. Daher sind zum Beispiel Eingriffe in die Religions- und Bekenntnisfreiheit, in die Versammlungsfreiheit und eben in die Kunstfreiheit jederzeit im Interesse der „öffentlichen Ordnung“ bzw. der „Aufrechterhaltung der Ordnung“ möglich. Behördliches Einschreiten in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs ist zum Schutz der „öffentlichen Ruhe und Ordnung“ zulässig.

Die jungen Polizeigesetze von Thüringen und Sachsen-Anhalt definieren die öffentliche Ordnung als „die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird“. Im selben Sinne findet sich Big Brother auch in der Österreichischen Rechtsliteratur. Hon. Prof. Dr. Josef Demmelbauer fasst zusammen, dass sie im § 27 des Sicherheitspolizeigesetzes aus 1991 zu finden ist. Als Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden stehen der § 37 betreffend Auflösung von Besetzungen, eine Ermittlungsbefugnis nach § 53 und die Verwaltungsstrafbestimmungen des § 81 SPG zur Verfügung.

Es ist erlaubt, „Ordnungsvorstellungen ohne vorheriges Votum des demokratischen Gesetzgebers durchzusetzen. Sie begnüge sich mit der diffusen Pseudolegitimation durch die herrschenden  Anschauungen und vernachlässige, dass im demokratischen Rechtsstaat nur die Anschauungen herrschen, die das Verfahren der Gesetzgebung durchlaufen haben ...“ 3). Bert Brecht ist ein prominentes Missbrauchs-Opfer der öffentlichen Ordnung, dessen Werke aufzuführen verboten wurden, weil sie als Billigung des von ihm unterstützen DDR-Regimes hätten aufgefasst werden können.

Hon. Prof. Dr. Josef Demmelbauer weiß, „Ein taugliches Anwendungsmittel dagegen ist die ,St.Pauli Regel’ ... ,Was in süddeutschen Wallfahrtsorten unterbunden werden muss, prägt in St. Pauli den genius loci und ist dort polizeifest’ “.

Musik wird störend oft empfunden:

Eine andere, sehr beliebte Methode, ausufernde Kunst-Aktivitäten zu behindern, ist die kunstfeindliche These, es werde Musik oft als störend empfunden, weil stets mit Geräusch verbunden.

Konzert-Lokale leben unter dem Damokles-Schwert, dass ihnen die Sperrstunde auf 23 oder 22 Uhr vorverlegt werden kann - was etwa für Jazz Clubs das Aus bedeuten würde. Gemäß Gewerbeordnung hat nämlich die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Betriebes ungebührlich belästigt wurde, diesen Schnitt vorzunehmen. Da genügt es schon, wenn stimulierte Besucher ihre Autotüren hörbar schließen. Deshalb schreibt die Behörde gerne vor, dass die äußere Eingangstüre selbstzufallend einzurichten sei, der schwer fallende, überlappende Vorhang ständig geschlossen zu halten sei und dass im Bereich der Türe ständig mindestens eine Aufsichtsperson (Türsteher) darauf hinzuwirken habe, dass sich Gäste rücksichtsvoll verhalten. Laut VfGH ist in diesem Falle Musik „ungebührliche Belästigung“ und gleichbedeutend mit „unzumutbarer Belästigung“.

Einem Grazer wurde vom OGH sogar Schmerzensgeld zugestanden, weil sein Vermieter eine Wohnung im selben Haus an die Grazer Hochschule für Musik und darstellende Kunst als Unterrichts- und Übungsräume vermietet hatte (Ob 531/88).

Das Schicksal der Wiener Konzertpianistin und -Pädagogin Julia Regös-Benedek hat Kunst- und Rechts-Geschichte geschrieben. In einem Bescheid der Wiener Landesregierung wurde über sie eine Verwaltungsstrafe verhängt, weil sie an vier Tagen im März 1985 jeweils am späten Vormittag durch Klavierspielen in der Dauer von jeweils einer halben Stunde ungebührlicherweise störenden Lärm erregt hat. Ihr Einwand, dass sie bloß an Werktagen und zu Zeiten gespielt habe, in denen das Klavierspielen nicht unzumutbar gewesen sei und dass die Lärmmessungen unter verschiedenen Gesichtspunkten unzureichend gewesen seien, imponierte dem Verfassungsgerichtshof wenig. Genauso wenig wie die 7000 Personen 4), die gegen diese Verurteilung eine Solidaritätserklärung unterschrieben hatten. Das Höchstgericht war der Ansicht, dass die Verhängung der Strafe die Ausübung der Kunst im Sinne der Verfassung nicht beeinträchtige (B 1218/86).

Übrigens, in der Ersten Republik gab es noch die „Verordnung der Bundesregierung vom 28. Dezember 1933 über die Ausübung des Kapellmeister- und des Musikerberufes (Kapellmeister- und Musikerverordnung).“ Da herrschte noch „Ordnung“ und nicht jeder durfte mit dem Dirigenten-Stab herumfuchteln. „Die erwerbsmäßige Tätigkeit als künstlerischer Leiter wie als Chormeister, Musikdirektor, Dirigent u. dgl. eines musikalischen Körpers (Orchesters, Chors, Ensembles usw.), im Folgenden kurz „Kapellmeister“ genannt, darf nur auf Grund eines Berechtigungsscheines (Kapellmeister-Berechtigungsschein) ausgeübt werden.“ Und dazu waren Volljährigkeit, Unbescholtenheit, Nachweis, dass der Kapellmeister im Sinne dieser Verordnung geprüft sei und der Nachweis der Anmeldung als Mitglied der Kapellmeisterunion Österreichs nötig.

Ähnliches gibt es heute in Österreich nicht mehr, wenn man von der Zulassung der Schauspieler durch die Gewerkschaft KMFB absieht.  

Diese Liste der Einschränkungen für Kunst-Ausübende, -Vermittler und Rezipienten ließe sich leicht auf das Doppelte erweitern, ist also auf keinen Fall vollständig.

Noch fehlt das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das (anachronistische) staatliche Bewilligungen für die Vermittlung von Künstlern ins Dienstverhältnis vorsieht. Betroffen ist die  „Konzertvermittlung, das ist die Vermittlung von Personen, die bei Instrumental- oder Vokalkonzerten, Gesangs- oder anderen Vorträgen oder Darbietungen, an denen ein künstlerisches oder wissenschaftliches Interesse besteht, mitwirken, 2. Artistenvermittlung, das ist die Vermittlung von Personen, die artistische oder artistisch-künstlerische Leistungen erbringen, 3. Bühnenvermittlung, das ist die Vermittlung von Personen, die
bühnenkünstlerische Leistungen erbringen, 4. Filmvermittlung, das ist die Vermittlung von Personen, die filmkünstlerische Leistungen erbringen, 5. Musikervermittlung, das ist die Vermittlung von Personen, die allein oder in Gruppen als Musiker oder Diskjockey tätig
werden.“

Und es fehlt die dreistellige Zahl von Normen, darunter das Rundfunkgesetz, das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, das Regionalradiogesetz, das Telekommunikationsgesetz, die Amateurfunkverordnung, Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen und das Rundfunkgebührengesetz, 

die die Radio- und Fernseh-Künstler in Österreich reglementiert. Alleine darüber lohnt es sich, ein eigenes Buch zu schreiben.

Diese kurze Auflistung sollte im 153. Jahr des Bestehens der Pressefreiheit und im 18. Jahr der ausdrücklich verbrieften Freiheit der Kunst eine wage Gebrauchsanweisung für Künstler sein und ein Anstoß zur Sensibilität! Er führt ungezählte Vorschriften an, die Kunstfreiheit eigentlich gar nicht einschränken dürften. Und vielleicht hat der eine oder andere Oppositionspolitiker etwas gefunden, was er sich für die folgenden Wahlkämpfe auf die Fahnen heften möchte.


1) Da ist sie wieder, die tausendjährige Volksgesundheit!

2) Salzburg: LGBl.Nr. 24/1999 Salzburger Jugendgesetz aus 1999; LGBl.Nr. 74/1978 zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 19/1996

Filmbewertungskommissions-Vereinbarung. Tirol: LGBl.Nr. 5/1986 Tiroler Lichtspielgesetz; LGBl.Nr. 59/1982 Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982; LGBl.Nr. 4/1994 Tiroler Jugendschutzgesetz 1994; Wien: LGBl 1998/40 Gesetz betreffend die Regelung des Kinowesens (Wiener Kinogesetz 1955); LGBl 1985/34 Gesetz zum Schutz der Jugend (Wiener Jugendschutzgesetz 1985); Vorarlberg: LGBl.Nr. 16/1999

Jugendgesetz; LGBl.Nr. 35/1980

anzubringende Hinweise auf Beschränkungen nach dem Jugendgesetz; Niederösterreich: Stammgesetz 2/83 NÖ JUGENDGESETZ; Burgenland: LGBl.Nr. 1/1962 Burgenländisches Lichtspielgesetz 1960; LGBl.Nr. 19/1987 Burgenländisches Jugendschutzgesetz 1986; LGBl. Nr. 21/1995 Gesetz vom 26. Jänner 1995 über die Förderung der Jugend (Bgld. Jugendförderungsgesetz); Kärnten: LGBl.Nr. 5/1998

Kärntner Jugendschutzgesetz - K-JSG; LGBl.Nr. 95/1997 Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997 - K-VAG 1997; Oberösterreich: LGBl.Nr. 23/1988 O.ö. Jugendschutzgesetz 1988; LGBl.Nr. 75/1992 O .ö . Veranstaltungsgesetz 1992; Steiermark: LGBl. Nr. 80/1998 Gesetz vom 7. Juli 1998 über den Schutz der Jugend (Steiermärkisches Jugendschutzgesetz - StJSchG); LGBl. Nr. 16/1998 Gesetz vom 25. November 1997, betreffend die Prostitution im Bundesland Steiermark (Steiermärkisches Prostitutionsgesetz)

3) R. Mußgnung in der Festschrift für H. Quaritsch

4) darunter 61 Wiener Philharmoniker, die Dirigenten Harnouncourt und Kalmar, die Komponisten von Einem, Cerha und Schwertsik, die Sänger Waechter und Dallapozza und die Pianisten-Kollegen Brendel, Badura-Skoda, Demus und Leonskaja

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